FVA 1 - Schwatze Düvel

Der “Schwatze Düvel” ist das erste von der FVA gebaute Segelflugzeug. Anlässlich des ersten Rhönwettbewerbs im Jahr 1920 entschlossen sich einige Studenten unter der Leitung von Wolfgang Klemperer und Professor Theodore von Kármán an dem Gleit- und Segelflugwettbewerb teilzunehmen und begannen mit der Konstruktion der “Schwatzen Düvel”. Diese baute auf die grundlegenden Gedanken des Flugzeugskonstrukteurs Prof. Hugo Junkers, der zu dieser Zeit an der TH Aachen lehrte, auf und es entstand ein zweikufiger freitragender Tiefdecker, dessen Holzkonstruktion mit schwarzem Stoff (daher die Namensgebung) bespannt war. Der technische Leiter Wolfgang Klemperer berichtete im “Flugsport” 1920 (Heft 23) über das erste Flugzeug der FVA:

“Entscheidend für die Konstruktion und den Erfolg schienen uns große Wendigkeit und Steuerwirksamkeit in Verbindung mit hinreichender Eigenstabilität zu sein. Diese Forderungen führten zu der Wahl eines freitragenden, verspannungslosen Eindeckers, aus dessen Fläche ein Kufengestell und aus dessen Rumpf ein freitragendes Leitwerk herauswuchs. Die Zahl der nicht tragenden, nur Widerstand bietenden Elemente, ist auf das allermindeste beschränkt und diese Teile sind aufs sorgfältigste verkleidet und nach Stromlinienform profiliert worden. Alle Übergänge sind so sanft wie möglich ausgebildet. Als Baumaterial wurde fast ausschließlich Holz verwendet, und zwar in der Form einer konsequent durchgeführten Sperrholz-:Fachwerkkonstruktion. Am ganzen Flugzeug kommt kein Spanndraht vor. Ebenso sind Blechbeschläge vermieden. Nur die Schellen, mit welchen der Schwanz vom Tragheck getrennt werden kann und die Befestigung der Flügelhinterkantenschnur an den Rippenenden ist aus Aluminiumblech. Alle übrigen Verbindungen sind mit Kaltleim, wo notwendig unter Verwendung von Passleistchen und Passhölzchen, hergestellt.

Das Hauptteil, auf dem die ganze Maschine aufbaut, ist das Flügelgerüst. Die Tragfläche ist der größeren Festigkeit und des geringeren Gewichtes wegen ungeteilt ausgeführt worden. Mit Rücksicht auf Bahn- und Straßentransport wurde das Schwanzende vom Rumpfvorderteil trennbar ausgeführt. Um die Bauhöhe des dicken Profils auszunutzen, wurden drei Holme angeordnet. An Stelle der größten Profilhöhe befand sich ein besonders starker, als ausgesparter Sperrholzkastenträger ausgebildeter Holm, zu dem sich je ein als Doppel-T-Träger ausgebildeter Vorder- und Hinterholm gesellten. Der Hauptholm hatte noch fünffache Sicherheit, wenn er die ganze Last allein zu tragen gehabt hätte. Bei 9.50 m Spannweite wog er 7.5 kg. Die Rippen haben eine nach außen abnehmende Profilhöhe und sind in der Form denen der Junkers-Flugzeuge ähnlich. Die innerste Rippe hat bei 1,90 m Länge die ungewöhnliche Dicke von 0.42 m. Sämtliche Rippen wiegen zusammen 3,74 kg. Sie sind in kunstvoller Weise durch die Aussparungen der Holme hindurch gesteckt und ihre Stege sind mit besonderen Leistchen mit den Holmstegen verleimt. Den Stirndruck nimmt eine diagonale Strebenkonstruktion auf. Ein besonderes System raumdiagonal gespannter Bänder verleiht dem Gerüst eine ausgezeichnete Steifigkeit gegen Torsion. Anstelle einer Nasenleiste ist der Teil der Flügel vor dem Vorderholm mit Karton umkleidet. Von vorn gesehen zeigen die Flügel V-Form. Und zwar sind sie nach Art der Vogelflügel etwas durchgebogen.

Der Grundriss der Fläche ist trapezförmig. An einem Hilfsholm sind 0,75 m große Querruder angelenkt, die außen eine leichte Aufbiegung zeigen. Eine Querruderklappe wiegt 870 g! Dabei ist sie ohne Vorspannung formstarr. Der ganze fertig bespannte Flügel hat mit rund 15 m Flächeninhalt ein Gewicht von nur 24 kg. Zur Bespannung diente ein besonders feiner schwarzer Voilestoff, der mit einem besonderen, hier erstmalig verwendeten kollodiumhaltigen Mittel imprägniert war und bei 6 kg/cm Reißfestigkeit knapp 90 g/m² wog. Die Imprägnierung hat sich bei dem nassen Wetter auf der Rhön vorzüglich bewährt. Der Führersitz ist zwischen Haupt- und Vorderholm eingebaut und lastet im wesentlichen auf letzterem. Der Knüppel aus Duraluminiumrohr von 130 g Gewicht ist mit einer hohlen Stahlkugel von 46 g Gewicht in einem aus Aluminiumlegierung herausgearbeiteten Hohlkugelschalenring von 32 g allseitig beweglich gelagert. Das Gelenk ist an einem pyramidenartigen Sperrholzträger am Vorderholm befestigt. Der Fußhebel für die Seitensteuerbetätigung ist hohl zusammengebaut und wiegt bei großer Festigkeit 150 g einschließlich der Aluminiumblech-Fußrasten. Die Rumpfspitze, welche so stark gebaut war, dass sie auch gegen Überschläge schützte, trägt eine verkleidete Karosserie aus Bambusgerippe. Das aus den Flächen herauswachsende Rumpfvorderteil endet hinter der Flächenhinterkante in dem Sperrholztrennspant.

In etwas eigenartiger Weise sind die Landungsgestellkörper ausgebildet, die ohne seitliche Verstützung aus den Holmen der Fläche herauswachsen. Sie haben sich von vorzüglicher Festigkeit gezeigt und gestatten auf den allseitig gummigefederten eschenen Kufen ein überaus angenehmes Landen. Ihre völlig stromlinienförmige Verkleidung sicherte ihnen den denkbar geringsten Luftwiderstand. Ein ungünstiger Einfluss derselben auf die Richtungsstabilität hat sich nicht gezeigt.

Der Schwanz wird von einem aus zusammengebundenen Rohrstöcken gebildeten niedrigen Sporn gestützt. Das durchgehende Höhenruder von 1400 g Gewicht und das 600 g schwere Seitenruder sind auf Duraluminiumbolzen in Duraluminiumbuchsen gelagert und leicht demontierbar. Die Steuerseile können an eigenartigen, sehr sicheren Karabinerhaken getrennt und mit sicherheitsnadelartigen stählernen Zapfen an den Steuerschwingen gelöst werden, ohne dass die mit Stahldraht ausgeführte Spannschlosssicherung gelöst zu werden braucht. Die Demontage oder Montage des ganzen Schwanzes, der übrigens komplett nur 11 kg wiegt, kann in 2 Minuten von drei Männern bewirkt werden. Zum Straßentransport konnte der Hauptteil des Apparates querschiffs auf einem eigens dazu gebauten zweirädrigen Wagen gefahren werden.

Der Start erfolgte durch Ausziehen einer Gummischnur, die um Haken an den hinteren Kufenenden geschlungen wurde und die die Hilfsmannschaft nach dem Start in den Händen behielt. Die Maschine startete mit 62 kg Leergewicht und rund 9 kg Flächenbelastung mit Führer bereits glatt bei 4 m/s Wind. Andererseits hielt sie sich auch in den starken Böen der letzten Rhönflugtage sehr stabil. Die vorzügliche Sicht, die richtige Lage des Schwerpunktes, die gute Steuerempfindlichkeit und Wendigkeit, sowie die guten Eigenschaften des dicken Profils beim schnellen und beim langsamen Flug machen sie zu einem Typ von überaus angenehmen Flugeigenschaften und zu Segelversuchen durch Ausnutzung von Böenenergie ebenso geeignet wie zum Schulen.”