FVA 29

Elektrische Heimkehrhilfe für die ASW 28

Da der Segelflugsport sehr abhängig vom Wetter ist, ist vor jedem Überlandflug eine gute Planung essenziell. Allerdings kann selbst beste Vorbereitung den Piloten nicht immer vor dem Nachlassen der Thermik schützen. Dies führt nicht selten zu einer sogenannten Außenlandung. Unsere Elektro-Heimkehrhilfe setzt genau hier an. Durch sie kann man die Außenlandung vermeiden und sicher zum Heimatflugplatz zurückkehren. Im Vergleich zu herkömmlichen Heimkehrhilfen bietet sie zusätzliche Sicherheit, Zuverlässigkeit und geringere CO2 Emmissionen.

Hintergrund und Motivation

Bei herkömmlichen Heimkehrhilfen mit Verbrennungsmotoren wird dem Piloten ein hohes Maß an Konzentration bei der Bedienung abverlangt. Bereits kleine Fehler während der Verwendung oder mangelhafte Wartung können zu einem Totalausfall des Systems führen. Dieser Umstand birgt ein hohes Sicherheitsrisiko, da Heimkehrhilfen vornehmlich in geringeren Flughöhen eingesetzt werden, um den Weiterflug trotz fehlender Aufwinde zu ermöglichen.
Durch den Einsatz eines elektrischen Antriebsstrangs und eines simplen und intuitiven Bedienkonzeptes werden die beschriebenen Risiken minimiert. Gleichzeitig erreicht die FVA 29 durch aerodynamische Optimierung der Bauteile – besonders Mast und Propeller – sowie die explizite Auslegung auf den geforderten Betriebspunkt einen Gesamtwirkungsgrad von über 70%. Dadurch wird eine Reichweite von theoretischen 120 km bei einer Steigleistung von ungefähr 2 m/s möglich. Die Elektro-Heimkehrhilfe soll neben dem direkten Beitrag zur Erhöhung der Flugsicherheit außerdem Erkenntnisse zur Verwendung von Elektromotoren und Akkus in Kleinflugzeugen bringen.

Entwicklungshistorie

2022

  • Bodentests mit eingebauter Übergangsbatterie
  • Aufstellung Testplan für Batterieerprobung
  • Generierung von Betriebsdaten
  • Detaillösungen Systemintegration
  • Überblick Komponenten und Zulassung

    Neben den Strukturbauteilen muss die Betriebssicherheit des gesamten Antriebsstrangs nachgewiesen werden. Dazu wurden ein Batterieerprobungsprogramm und ein Bodentestprogramm erstellt. In der Erprobung werden stufenweise mehr Systeme getestet, bevor schlussendlich das vollständige Flugerprobungsprogramm erflogen wird. Das erfolgreiche Abschließen der Bodentests ermöglichte beispielsweise die ersten Aus- und Einfahrtests auf dem Sommertreffen. Im folgenden werden die einzelnen Komponenten aufgeführt und die dazugehörige Nachweisführung und geforderte Erprobung.

    Batterie

    Aufgrund von Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Zellverklebungskonzeptes wird ein alternatives Batteriekonzept auf Basis von Zellen des Typs 38.140 S des Herstellers „Headway“ verwendet, welches aus LiFePo4-Zellen aufgebaut ist. Mit einer ähnlichen Batterie desselben modularen LiFePo-Systems wurden bereits einige Bodenerprobungsversuche der FVA 29 erfolgreich gefahren. Zur Implementierung in den Motorkasten der FVA 29 muss im Vergleich zur bisherigen „Laborbatterie“ die Zellanzahl und -anordnung geändert werden. Die Antriebsbatterie stellt im elektrischen Antriebsstrang den Energiespeicher dar. Sie dient ausschließlich der Energieversorgung des Elektromotors.

    Batteriekasten

    Der Batteriekasten ist als Blackbox ausgelegt, der im Crashfall keine Gegenstände nach außen dringen lassen darf. Dazu muss er zum einen die Gesamtmasse der Batterie für alle Lastfälle aufnehmen können und zum anderen diese Lasten verlässlich in die Rumpfstruktur übertragen können. Der Kasten ist aus CFK gefertigt mit isolierenden GFK Lagen innen und außen. Gelagert ist der Kasten an drei Beschlägen, die mit dem Rumpf der FVA 29 verklebt sind.

    Schwingungs- und Flatterverhalten

    Gibt es Änderungen im Schwingungsverhalten des Flugzeugs bei ausgefahrenem Triebwerk? Diese Frage wurde mit einem Standschwingversuch beantwortet. Durch Nachbilden der entsprechend angenommenen Massen und Anregung des Segelflugzeugs werden die Reaktionen überprüft und Eigenfrequenzen zu bestimmt.

    Mast

    Der Mast muss als Strukturkomponente die aufgebrachten Lasten ohne Bruch ertragen. Bei einem Belastungsversuch dürfen keine plastischen Verformungen verbleiben. Hierzu müssen Crash-Beschleunigungen von 15g ausgehalten werden. Darüber hinaus ist die innovative Konstruktion des Ein-Mastes besonders widerstands-effizient.

    Propeller und Propellerbremse

    Der Propeller muss einerseits den strukturellen Anforderungen genügen. Der aerodynamisch optimierte Propeller treibt im Betriebspunkt von 100 km/h mit bester Steigleistung an. Sofern aufgrund eines Fehlers die elektrische Bremskraft durch das Haltemoment nicht zur Verfügung steht, muss ein Windmillling ausgeschlossen werden. Hierzu stellt die mechanische Propellerbremse für den Flugbetrieb eine ausreichend große Bremswirkung zur Verfügung.

    System Safety Assessment (SSA)

    Um eine ausreichende Sicherheit für den Flugbetrieb darzustellen, darf ein ausgefallenes System keine Gefahr darstellen. Hierzu wird einerseits gemäß des Berichts zur Gestaltung und Bauausführung angedeutet, dass bereits Luftfahrt-erprobte Methoden und Erfahrungen für die Konstruktion praktisch umgesetzt werden. Das SSA überprüft vor allem die Sicherheitsfunktionen des Batteriesystems und analysiert Fehlerketten auf die Schwere der Auswirkung.

    Kooperation zur Entwicklung eines Bedienteils

    Kooperation zur Entwicklung eines Bedienteils für den elektrischen Antriebsstrang mit Prof. Mysliwetz, Hochschule Rosenheim

    In einer Wissenschaftlichen Arbeit wurde das Bedienteil, die Engine Control Unit (ECU) bzw. EAGLE Control Unit, entwickelt. Unter dem Namen EAGLE wird an der Fachhochschule Rosenheim zusammen mit der RWTH die Weiterentwicklung und Erprobung der Software des Cockpit-Instruments für die Integration in das Flugzeug und die Flugzulassung vorbereitet. Die Systemzustandsmaschine steuert das Starten und Herunterfahren des Antriebssystems. Die Einhaltung der MISRA-C:2012 Entwicklungsrichtlinien war auch für den gesamten entwickelten Quellcode erforderlich. Dabei wurden außerdem Algorithmen zur Schätzung des Lade- und „State of Health“ der Lithiumbatterie des Antriebssystems evaluiert

    ECU Interface

    Als so genannte Engine Control Unit kommt die EAGLE Control Unit des Projektes EAGLE der FH Rosenheim unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Birger Mysliwetz zum Einsatz.

    Beschreibung

    Diese besteht aus einem 36x48mm großen Farb-LC-Display im Zentrum, zwei blockierende Kippschalter in der oberen rechten Ecke sowie einem Drehknopf mit Druckknopf in der unteren rechten Ecke. Der obere Kippschalter wird als Up/Down-Schalter bezeichnet, er gibt mit seiner Stellung vor in welchem Status das System gerade übergehen soll. Steht er oben wird das System beginnen den Motor auszufahren, steht er unten wird das System begingen den Motor wieder einzufahren. Der Drehknopf wird zur Navigation in der Software und zum Auswählen der Drehzahl, die Druckknopffunktion zur Bestätigung von Eingaben und Meldungen verwendet. Der mittlere Kippschalter ist für spätere Verwendung reserviert und momentan nicht beschaltet. Auf dem Display werden die Zustandsdaten zu Motor und Batterie angezeigt. Dabei geht es um die Drehzahl (RPM), Spannung sowie Temperaturwerte. Hierdurch hat die Pilotin oder der Pilot den korrekten Überblick über den Systemzustand.

    Teilprojekt: Structural Health Monitoring

    Structure Health Monitoring (SHM) ist ein relativ neues und wichtiges Forschungsgebiet im Rahmen der Faserverbundwerkstoffe. Der Hauptgrund hierfür liegt in der erhöhten Schwierigkeit bei der Schadensdetektion von FVK-Strukturen. Während bei metallischen Werkstoffen eine plastische Verformung klares Anzeichen einer Beschädigung ist, tritt eine derart sichtbare Verformung bei Werkstoffen aus Faserverbundkunststoffen (FVK) erst beim endgültigen Versagen ein. Die ursprüngliche Beschädigung, die bei Metallen zu Beulen o.ä. führen würde, hinterlässt in FVK Werkstoffen lediglich Weißbrüche, die durch die Lackierung hindurch nicht zu sehen sind, aber trotzdem ein ähnliches Anzeichen einer geschwächten Struktur darstellen. In bisherigen Berechnungen wird daher meist eine geschädigte Struktur vorausgesetzt, um mit großen Sicherheitsfaktoren die Dicke der benötigten FVK Schicht zu bestimmen. Dies führt zu unnötig schweren Konstruktionen und verringert die Effizienz von FVK Werkstoffen enorm. Dieses Problem soll mit SHM behoben werden. Dabei wird durch verschiedene Methoden versucht, mögliche Schäden zu detektieren, um so wieder von einer intakten Struktur bei der Konstrkution ausgehen zu können.
    Das Institut für Strukturmechanik und Leichtbau (SLA) der RWTH und die FVA haben von 2017 bis 2020 zur praktischen Anwendung des SHM im Luftfahrzeug kooperiert. Erste Forschungsergebnisse des Instituts sollten so zum erstmaligen Flugeinsatz gebracht werden. Als Erprobungsbauteil wurde der Mast der FVA 29 gewählt.
    Auf die Innenseiten der zwei Halbschalen des Mastes wurden dafür Piezzoaktuatoren geklebt. Diese Aktuatoren liefern unterschiedliche Spannungen in Abhängigkeit ihrer Schwingung und Verformung. Diese elektrische Spannung wird dann gemessen und kann in aktuelle Verformung oder mechanische Spannung umgewandelt werden, um die Belastung bzw. mögliche Schädigung der Schale zu erkennen. Ein Erstflug des „SHM-Mastes“ konnte im Projektzeitraum leider nicht durchgeführt werden, einzig Bodentests waren möglich.

    Fragen? Anregungen? Mitmachen?

    Hast du Fragen zu dem Projekt oder möchtest du bei uns mitmachen? Dann schreib uns einfach eine E-Mail oder triff uns auf der wöchentlichen Versammlung. Dabei spielt es keine Rolle, welches Studienfach du belegst oder in welchem Semester du bist. Wir suchen immer motivierte Teammitglieder, die unser Projekt selbstständig und engagiert weiter voranbringen. Bei uns erhältst du exklusive Einblicke in die Flugzeugentwicklung und kannst neben dem Studium schon Erfahrung rund um die Luftfahrt sammeln. Wir freuen uns auf Dich!

    Projektleitung

    teflon

    Emil Pluta

    cc

    Lucas Schwarz

    News

    FVA 29 Erstflug
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    Am 30.10.2023 war es endlich so weit: Unser Prototyp für eine elektrische Heimkehrhilfe, die FVA 29, durfte endlich ihren ersten angetriebenen Flug absolvieren!

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    Die dritte und letzte Woche des Sommertreffens brachte wieder einen FVA Schichtwechsel mit sich.