Veröffentlicht am 1.09.2018 von Martin Valley
Jedes Jahr versammeln sich die zehn Akafliegs auf der schwäbischen Alb, um sich im wissenschaftlichen Fliegen zu üben. Das Angebot reicht von der Flugleistungsvermessung neuer Flugzeuge, um deren Gleitleistung zu testen und Flugeigenschaftsuntersuchungen, um Flugzeuge auf ihr Flugverhalten und das Pilotengefühl hin zu testen, bis hin zu Sondermessprojekten der Akafliegs, Flugerprobung der Prototypen und und und …
Die FVA hatte dieses Jahr neben den Schleppdiensten unserer GZ noch ein mysteriöses Addon mitgebracht. Ein blaues, längliches Objekt mit elastischen Flügeln, man wollte es irgendwie mit dem Fliegen in Verbindung bringen, aber meistens herrschte die Ratlosigkeit unter den neugierigen Beobachtern. Erst mit ein paar erklärenden Worten war dann klar: die FVA hat ihre Rakete mitgebracht! Diese Rakete ist im Gegensatz zu ihren Verwandten in groß allerdings zur rein zivilen Nutzung an unserer WiMi, der FVA 24d. Während die WiMi das Schleppseil einzieht, kann es bisher noch zu starken Schwingungen kommen, die das robuste Ringpaar gegen die empfindlichen Leitwerke der Schleppmaschine schleudern können. Die Rakete soll durch ihre Flügel den Flug des Ringpaars stabilisieren, ähnlich wie die Federn an einem Pfeil.
Die Rakete wartet auf ihren ersten Einsatz, daneben das unzertrennliche Ringpaar
Ein kleiner Schnitt für eine Rakete, aber ein großer Schnitt für die Nachtschicht …
Nach der Anlieferung der Rakete begann die Vorbereitung der Versuche, denn die Effektivität unserer Konstruktion sollte durch zwei GoPro-Kameras aufgenommen und dann von Alonsos Auswerteprogramm ausgewertet werden. Aber bevor wir ans Werk gehen konnten, machte uns das Seil einen Strich durch die Rechnung und einen Riss durch sich selbst. Bei recht windigen Bedingungen riss das Seil im Schlepp sehr dicht an der GZ und hing in fast ganzer Länge vom Segler herunter. Der Flieger konnte zum Glück ohne Schwierigkeiten in eine verkürzte Platzrunde gehen und das Seil auf einem benachbarten Feld abwerfen, wo wir es nach kurzer Suche auch bergen konnten, aber es war auch klar, dass wir, um den Flugbetrieb nicht zu stören, erst am Abend mit der Reparatur beginnen konnten.
Nach einem gemütlichen und vor allem stärkenden Abendessen in der Flugplatzgaststätte ging es dann in den Hangar und ran ans Seil. Während Bonkel sich daran machte das Seil wieder mit dem dünneren Halteseil, das die Verbindung zwischen WiMi und Schleppseil darstellt, zu verbinden, montierte Sid die Rakete an der Sollbruchstellenhalterung. Um kurz nach Mitternacht war das Seil dann befestigt, die Rakete ebenso und das Seil konnte aufgewickelt werden. Es war schon spät und wir wollten beide nur noch ins Zelt und uns für den nächsten harten Flugtag ausruhen, da kam dann das Ende des Seils und es fehlte etwas. Der gelbe Schleppkegel, der an der festen Schleppkupplung angebracht wird und durch den das Schleppseil geführt wird lag lässig neben der GZ und hatte selbstverständlich kein Seil, das durch ihn durchging. Nach kurzer Anerkennung der schrecklichen Ironie der Situation ging es also wieder ans Werk. Seil komplett entfernen, durch den Kegel führen und wieder mit dem Vorseil verbinden. Am Ende ging es dann auf halb zwei morgens zu, aber die WiMi war endlich samt Rakete bereit für den ersten Flug des Sommertreffens 2018!
Am nächsten Morgen ging es dann fröhlich zum Start. Die kurze Nacht war vergessen und es lag ein vielversprechender Messtag für die WiMi vor uns. Als dann auch gleich der Schleppzug angeflogen kam, wuchs die Spannung, ob denn alles gut gegangen wäre. Und wie das Leben so spielt wurde diese Spannung gleich zerrissen, als sichtbar wurde, dass die GZ zwar im Schleppmodus, aber eine blaue Rakete nirgendwo zu sehen war. Das Rätselraten war zunächst groß, dann kam Isolde auf uns zu und präsentierte uns unsere Rakete.
Offensichtlich hatte die Messmannschaft am frühen morgen beim Einklinken des Discus 2c DLR feststellen müssen, dass die Nasenkupplung des Discus nicht für unsere Rakete gemacht ist. Die Halterung des Ringpaars reichte nicht weit genug in die Nase herein und verhinderte so das Einklinken. Um den Messverband nicht noch länger aufzuhalten entschied man sich dann zu einem harten Schnitt und trennte die Rakete auf ganzer Länge auf.
So nützlich diese Information für die Weiterentwicklung der Rakete auch sein mag, so deprimierend war es in diesem Moment für uns, da die Arbeit des letzten Tages nun zumindest teilweise hinfällig war. Aber in guter Akafliegmanier kam man schnell auf eine mögliche Lösung. Da es sich beim Material der Rakete um einen Thermoplast-Kunststoff handelt, sollte dieser schmelzbar sein und sich so vielleicht wieder zusammenfügen lassen. Gesagt, getan, es wurde eine Heatgun gefunden, eine Abdeckung für den Untergrund und den Rest der Rakete und schon brutzelte der Kunststoff. Nach erstaunlich kurzer Zeit konnte man erstes Fließen erkennen und schnell wurden die beiden Hälften zusammengeklappt. Das Ergebnis war erstaunlich, die Naht war fast nicht zu erkennen und es schien alles wieder sauber aufeinander zu passen.
Reiseziel Schlepphöhe - die modifizierte Rakete im eingebauten Zustand
Wo ein Grill steht, da sind auch Idaflieger - im Hintergrund die Winden-Bühne von Zischis Band
Jetzt hieß es nur noch eine Lösung für das Problem der langen Discus-Nase zu finden. Die einzig mögliche Lösung war eine gezielte Verkürzung des Mittelstücks, was zu einer sicherlich nicht hoch-optimierten, aber optisch doch recht ansprechenden und für den ein oder anderen mit Comic-Jugenderfahrung merkwürdig vertraut wirkte. Nun sollte unsere Rakete allerdings nicht zum Mond, sondern doch endlich auf Video und dann noch möglichst mit ein paar verwertbaren Ergebnissen. Also ging es schließlich doch noch zum Start, zwei GoPros wurden organisiert und es kam endlich zu den ersten Aufnahmen unserer Rakete in Action. Die Ergebnisse werden hoffentlich helfen, die WiMi in Ausbaustufe D als Ganzes voranzubringen. Genaueres dazu spätestens auf dem Wintertreffen!
Am nächsten Tag kam dann auch schon das Bergfest, eine ausgelassenes Fest zu dem wie immer viele aktive und ehemaligen, aktiven Akaflieger anreisten. Nach üppigem Grillaufgebot ging es bei Live Musik von Zischi und seiner Band fließend zum Tanzen, Trinken und Plaudern über und bis in den frühen morgen ging das bunte Treiben weiter. Am nächsten Tag kam dann die große Ablösung der FVA Belegschaft, wir mussten leider alle wieder in unser “normales” Leben zurückkehren, dafür hielt Erwin die Flagge der FVA weiter hoch bis zum Ende des Sommertreffens 2018. Es war eine anstrengende, natürlich sehr arbeitsreiche, aber vor allem schöne Zeit und wir werden definitiv wiederkommen!