Veröffentlicht am 15.10.2020 von FVA
Die gesamte Antriebsauslegung hängt wesentlich von den sich aus dem geplanten Flugprofil resultierenden Leistungsanforderungen ab. Der in der Vorauslegung verwendete Flugleistungsrechner der FVA-30 basierte auf einem 2-DOF Modell, das in Matlab implementiert ist. Für eine detailliertere Validierung und insbesondere für die anstehenden zulassungsrelevanten Motorprüfläufe sowie später geplante Bodentests am vollständigen Antriebssystem („Iron Bird“), schien eine Weiterentwicklung des Modells in ein genaueres mit mehr Freiheitsgraden unerlässlich. Darüber hinaus soll mit dem geplanten Ziel eines vollwertigen Simulationsmodells der FVA-30 (digitaler Zwilling) eine Kopplung mit einem Flugsimulator ermöglicht werden. Später soll das Modell zudem für einen besonders effizienten Flug mit geringem Workload für den Piloten sowie zum Austesten verschiedener Regelungsmodi im Flug direkt ins Steuergerät eingebunden werden.
Da das Modell zur dynamischen Berechnung der Motorlast für den entstehenden HiL-Prüfstand für Motor und Inverter gebraucht wurde, musste die gesamte Simulation kompatibel mit Matlab 2016 und dSpace sein sowie ausreichend schnell für die Echtzeitabschätzung der Motorleistung für den Prüfstandsbetrieb. Da für zukünftige Designentscheidungen ein detailliertes Modell benötigt wird, wurde die Simulation zu einem 3-DOF Modell neu aufgebaut.
Hybrider Flugleistungsrechner
Der Flugleistungsrechner besteht aus drei Komponenten: Dem Flugzeug, das sowohl aerodynamisch als auch über seine Massenträgheiten beschrieben wird, dem Antriebsstrang und einem Pilotenmodell. Die Simulation ist vektoriell aufgebaut, sodass das Modell in Zukunft einfach in eine 6-DOF Modell umgewandelt werden kann. Wichtig für die Entwicklung der Simulation war den Detailgrad besonders an den Stellen hoch zu halten, an denen in näherer Zukunft wichtige Entscheidungen anstehen. So wurde beispielsweise die Druckpunktverschiebung auf dem Flügel berücksichtigt, wohingegen das thermische Verhalten der Motoren vernachlässigt wurde, da es bereits auf dem Prüfstand getestet wurde.
Antriebsstrang
Der Antriebsstrang besteht aus drei Modellen: Dem Motor, der Batterie und dem Propeller. Jedes Modell wird durch ein Kennfeld beschrieben und wurde im Vorhinein validiert oder aus Herstellerdaten abgeleitet und mit Messdaten validiert. Sowohl über die Teilmodelle als auch den gesamten Antriebsstrang kann die Effizienz berechnet werden. Diese ist sowohl für die Validierung der Daten als auch für die zukünftigen Designentscheidungen interessant.
Aerodynamik
Die aerodynamischen Kräfte Momente werden über die Beiwertderivative ermittelt, die in der flugmechanischen Auslegung bestimmt wurden. Hierbei wurden, in der der ersten Version, die für eine grundlegende Betrachtung üblichen Vereinfachungen getroffen. Beispielsweise wird das Moment durch den Widerstand des V-Leitwerks nicht berücksichtigt. Neben den aerodynamischen Kenngrößen des Flugzeuges selbst, soll auch der Einfluss des Fahrwerks und des Bodenabstands berücksichtigt werden. Des Weiteren wurde bei Bodenkontakt ein zusätzlicher Widerstand eingefügt, um des Einfluss der Reibung des Fahrwerks zu berücksichtigen.
Beispiel: Bestimmung der Kräfte und Momente aus den Beiwerten im aerodynamischen Koordinatensystem und Transformation ins körperfeste Koordinatensystem
Bewegungsgleichungen
Das aktuelle Modell realisiert den ersten Aufbau der FVA-30 ohne Range Extender. Allerdings verfügt das Modell bereits jetzt über eine Möglichkeit veränderliche Massenträgheiten durch den Kraftstoffverbrauch zu berücksichtigen, die im rein elektrischen Betrieb des Motorseglers konstant sind. Ein weiteres Feature der Simulation ist die Abbildung des Einflusses der Propellerwinkel auf den Schub.
Ausblick
Der Flugleistungsrechner soll mit dem entstehenden digitalen Zwilling der FVA-30 so verknüpft werden, dass bereits am Boden verschiedene Regelungsmodi und Missionsprofile realitätsnah ausgetestet werden können. Beispielsweise wird der Einfluss einer drehzahlbasierten Regelung für die Elektromotoren erprobt. Weiterhin interessant sind die damit möglichen Tests verschiedener Bedien- und Anzeigekonzepte, sodass sich Piloten mit einer PPL-Lizenz schnell in die Bedienung des neuartigen Flugzeugtyps einfinden können. Zuletzt liegt ein wichtiger Schwerpunkt der Simulation in der Erprobung von Fehlerfällen und deren Auswirkungen auf den Nutzer.